Bemessung von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen in FRILO Software möglich

Das Rollfeld des Flughafens in Zürich wurde für eine störungsfreie Kommunikation des Sicherheitssystems mit Combar® bewehrt | FRILO
Das Rollfeld des Flughafens in Zürich wurde für eine störungsfreie Kommunikation des Sicherheitssystems mit Combar® bewehrt. (©Thomas Entzeroth)

Überall dort, wo spezielle Anforderungen an den Korrosionsschutz, an die elektrische Leitfähigkeit, den Magnetismus, an die Zerspanbarkeit oder die thermische Isolierung gestellt werden, stößt die gewöhnliche Stahlbewehrung an ihre Grenzen. Für Einsatzbereiche wie den Grund- und Tunnelbau, den Bau von Tram-Systemen, von Strominfrastruktur und Forschungseinrichtungen steht deshalb mit der Glasfaserverbundbewehrung Schöck Combar® eine überlegene Alternative zur Verfügung, die in der Berechnungssoftware von FRILO bemessen werden kann.

Das Konzept der Bewehrung ist aus einer Welt, in der Beton zu den elementaren Baustoffen zählt, nicht wegzudenken. Üblicherweise wird Stahl als Bewehrungsmaterial in Betonbauteilen verwendet. Die allermeisten Bodenplatten und Rampen in Tiefgaragen sowie in Fahrzeug-, Feuerwehr- oder Industriehallen bestehen aus Stahlbeton. Das geht so lange gut, bis chloridhaltiges Wasser und chloridhaltige Luft durch Risse im Beton bis zum Bewehrungsstahl vordringen. Denn dann beginnt dieser zu korrodieren. Deshalb wird als Korrosionsschutz üblicherweise eine Oberflächenbeschichtung auf die Stahlbetonbodenplatten aufgebracht, deren Einbau und Instandsetzung allerdings aufwendig und kostenintensiv sind.

Combar® als wirtschaftliche Bewehrung in Bodenplatten

Mit dem bauaufsichtlich zugelassenen Glasfaserverbundwerkstoff Schöck Combar® steht Planungsbüros und Bauunternehmen eine wirtschaftlichere und planungsfreundlichere Alternative zur Stahlbewehrung zur Verfügung. Die Bewehrung Schöck Combar®, die im DBV-Merkblatt Nr. 42 und 46 als Variante „ROSTFREI: Nichtrostende chloridbeständige Bewehrung mit abZ“ aufgeführt ist [1] [2], kann in allen Umweltumgebungen mit minimaler Betondeckung gemäß DIN EN 1992-1 eingebaut werden. Weil die Glasfaserverbundbewehrung zu 100 % korrosionsbeständig ist, aufwändige Oberflächenbeschichtungen und Instandhaltungen aus Bewehrungskorrosionsgründen hinfällig. Auch in chemisch aggressiven Umgebungen konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Lebenserwartung von Combar mehr als 100 Jahre beträgt. Besonders deutlich zeigt sich der Vorteil der glasfaserverstärkten Bewehrung im Vergleich zur Stahlbewehrung beim Blick auf den Lebenszyklus der Bodenplatte und die Gesamtkostenrechnung (s. Diagramm „Lebenszykluskosten“): Da eine Instandsetzung entfällt, entsteht kein Entsorgungsmaterial. Das spart Ressourcen und Kosten.

Die schematische Wirtschaftlichkeitsdarstellung bezieht sich auf gering belastete Bodenplatten | FRILO
Die schematische Wirtschaftlichkeitsdarstellung bezieht sich auf gering belastete Bodenplatten. (©Schöck Bauteile GmbH)

Das Herstellungsverfahren von Combar®

Das Verfahren zur Herstellung von Combar® ist zweiteilig und auf die Anforderungen von Bewehrungsstäben optimiert. Im ersten Schritt werden hochfeste Glasfasern dicht gebündelt und durch ein Werkzeug gezogen, in dem sie mit Vinylesterharz umschlossen werden. Dieser Teilprozess wird als Pultrusion bezeichnet. Die Profilierung umfasst im zweiten Schritt das Schneiden der Rippen in die ausgehärteten Stäbe sowie die Endbeschichtung. Das Ergebnis dieses Verfahrens ist ein Bewehrungsmaterial mit einzigartigen Eigenschaften.

Die Glasfasern werden im Pultrusionsverfahren gebündelt, gezogen und mit einem flüssigen Kunstharz imprägniert | FRILO
Die Glasfasern werden im Pultrusionsverfahren gebündelt, gezogen und mit einem flüssigen Kunstharz imprägniert. (©Schöck Bauteile GmbH)

Weder magnetisierbar noch elektrisch leitfähig

Combar® ist nicht magnetisierbar und beeinträchtigt damit keine Magnetfelder. Diese Eigenschaft ist relevant für Forschungseinrichtungen, in denen Messungen unter Ausschluss von Störungen durch elektromagnetische Einflüsse stattfinden müssen. Weil Combar® zudem nicht elektrisch leitfähig ist, eignet sich der Verbundwerkstoff für Weichensperrkreise oder Start- und Landebahnen sowie Rollwege am Flughafen. Die Signalwirkung der sensiblen Sicherheitssysteme wird nicht behindert. Induktive Hochspannungsanlagen operieren mit intensiven elektrischen Strömen und erzeugen starke Magnetfelder. Durch Induktion geht Energie verloren und üblicher Bewehrungsstahl erwärmt sich mitunter so sehr, dass er korrodiert und der Verbund mit dem Beton verloren geht. Mit Combar® lassen sich Fundamente, Wände und Decken hingegen platz- und energiesparend nahe induktiver Elemente erbauen.

Leicht zerspanbar und dauerhaft hochfest

Darüber hinaus weist Combar® eine leichte Zerspanbarkeit auf. Diese Eigenschaft kommt insbesondere beim Tunnelbau zum Tragen, weil Tunnelbohrmaschinen nahtlos durch die mit Combar® bewehrten Wände fahren können. So lassen sich die Bauzeit und Baukosten reduzieren. Die Sicherheit für Mitarbeiter wird zugleich erhöht. Durch den hohen Glasfasergehalt von 75 % des Volumens (88 % des Gewichts) und das diffusionsdichte und korrosionsbeständige Vinylesterharz werden die hohe Zugfestigkeit und Dauerhaftigkeit des Glasfaserverbundwerkstoffes gewährleistet. Der charakteristische Wert der Dauerzugfestigkeit von Combar® Stäben beträgt nach Zulassung 580 N/mm². Mit einem in Deutschland auf 1,3 festgelegten Materialfaktor ergibt sich für Combar® eine Bemessungszugfestigkeit von 445 N/mm². Diese Werte gelten für alle Anwendungen und Standzeiten von 100 Jahren.

Das Materialverhalten von Combar®

Combar® zeigt ein zeitabhängiges, linear elastisches und anisotropes Materialverhalten und unterscheidet sich somit wesentlich von Betonstahl. So beeinflusst unter anderem die Nutzungsdauer maßgeblich die ansetzbare Zugfestigkeit des Kompositwerkstoffs. Während für gerade Combar® Stäbe mit einer Lebensdauer von 100 Jahren die charakteristische Dauerzugfestigkeit wie erwähnt 580 N/mm² beträgt, ist bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren ein deutlich höherer Wert von 680 N/mm² ansetzbar. Auch das Verformungsverhalten von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen weicht von dem eines Stahlbetonbauteils ab. Der E-Modul von Combar® liegt mit 60.000 N/mm² (gerader Stab) bei etwa einem Drittel des E-Moduls von Betonstahl. Folglich stellen sich in mit Combar® bewehrten Betonbauteilen größere Verformungen und Rissbreiten ein.

Bemessung von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen

Analog zum Stahlbetonbau erfolgt die Bemessung für Biegung und Normalkraft über die Iteration der Dehnungsebene. Aufgrund des geringen E-Moduls der GFK-Stäbe sind jedoch die Druckspannungen im Querschnitt vollständig vom Beton aufzunehmen. Combar® als Druckbewehrung ist nicht zulässig. Auch das Querkrafttragverhalten von mit Combar® bewehrten Bauteilen ist grundsätzlich mit dem von Stahlbetonbauteilen vergleichbar. Bei den einzelnen Traganteilen ergeben sich jedoch aufgrund der Combar® spezifischen Materialeigenschaften teilweise große Unterschiede, die in einem abgeänderten Bemessungskonzept abgebildet werden. Die Gleichungen gemäß EC2-1-1, Abs. 6.2 sind nicht gültig. 

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Das Berechnungsmodell von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen ohne Querkraftbewehrung basiert auf dem Betontraganteil der ungerissenen Druckzone. Für Betonbauteile mit erforderlicher Querkraftbewehrung wird der Betontraganteil um einen Traganteil infolge Fachwerktragwirkung ergänzt. Dieser erfasst sowohl die Tragfähigkeit der Querkraftbewehrung als auch die der Betondruckstrebe. Der Druckstrebenwinkel ergibt sich in Abhängigkeit von der vorhandenen Querkraftbewehrung und dem einwirkenden Moment. Somit ist nicht zwangsläufig die maximale Querkraft mit zugehörigem Moment bemessungsrelevant und die Ermittlung der erforderlichen Querkraftbewehrung muss iterativ erfolgen.

Integration von Combar® in B2 von FRILO

Das Programm Stahlbetonbemessung B2 von FRILO macht die Bemessung von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen möglich. Tragwerksplaner können dabei GFK-Elemente als Längs- und Querkraftbewehrung in Kreisquerschnitten und beliebig polygonal begrenzten Querschnitten bemessen. Das Programm führt die Bemessung gerader Combar® Stäbe als Zug- oder Biegezugbewehrung gemäß den Regelungen der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung Nr. Z-1.6-238 durch. Seit vielen Jahren ist Combar® für den dauerhaften Einsatz statisch relevanter Betonkonstruktionen als einzige nichtmetallische stabförmige Bewehrung zugelassen. Die demnächst erscheinende DAFStb Richtlinie „Betonbauteile mit nichtmetallischer Bewehrung“ wird als Ergänzung der Zulassung dienen. Die umfangreichen Studien und Untersuchungen zum Erlangen der Combar® Zulassung haben maßgebend zur Entwicklung der Richtlinie beigetragen.

Die Bemessung von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen im B2 von FRILO | FRILO
Die Bemessung von mit Combar® bewehrten Betonbauteilen im B2 von FRILO. (©FRILO Software GmbH)

Sofern ein Querschnitt Querkraftbewehrung zur Erhöhung der Querkrafttragfähigkeit benötigt, ist die Zulassung nicht mehr anwendbar. Um Bemessungen über die Zulassung hinaus zu ermöglichen, hat FRILO die Berechnung nach dem Verfahren von Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger und Dr.-Ing. Martin Kurth [3] in das Programm integriert. Über Zustimmungen im Einzelfall haben Planungsbüros auf Grundlage dieses Bemessungskonzepts bereits zahlreiche Projekte umgesetzt. Die Combar® Querkraftbewehrung ist in Form von Bügeln erhältlich. Bei hochbewehrten Bauteilen ist die Kombination der Bügel mit Combar® Doppelkopfbolzen sinnvoll. Beide Varianten lassen sich im B2 auswählen. Darüber hinaus berücksichtigt das Programm bei einer kurzen Einsatzzeit von maximal fünf Jahren verbesserte Materialkennwerte der Bewehrung. Und neben der geraden Längsbewehrung ist auch gebogene Bewehrung auswählbar.

Quellenangaben

[1] DBV-Heft 42 „Ausführungsvarianten für dauerhafte Bauteile in Parkbauten – Beispielsammlung“, Fassung Januar 2019

[2] DBV-Heft 46 „Dauerhaftigkeit von Betonbauteilen in Parkbauten – Hintergründe und Erläuterungen zum DBV-Merkblatt“, Fassung Januar 2021

[3] Bemessungskonzept für Querkraftbewehrung aus GFK (Kurth/Hegger, RWTH Aachen) veröffentlicht im „Bauingenieur“, Band 88, Oktober 2013 unter dem Titel „Zur Querkrafttragfähigkeit von Betonbauteilen mit Faserverbundkunststoff-Bewehrung – Ableitung eines Bemessungsansatzes“, „Bauingenieur“, Band 88, Oktober 2013