45 Jahre FRILO | „Es gab für mich nur noch Friedrich + Lochner“

Zwei Generationen FRILO-Geschichte: FRILO-Gründer Jens Friedrich (l.) und FRILO-CEO Markus Gallenberger (r.)

Der 27. Oktober 1978 gilt als Geburtsstunde der FRILO Software GmbH. Nur wenige Softwarefirmen können auf 45 erfolgreiche Jahre zurückblicken. Wie es den beiden Gründern gelungen ist, FRILO von einer Zwei-Mann-Werkstatt zu einem erfolgreichen, mittelständischen Unternehmen zu entwickeln, erzählt Mitgründer Jens Friedrich im Interview. Gemeinsam mit dem aktuellen Geschäftsführer Markus Gallenberger blickt er auf die vergangenen Jahre zurück und gibt Einblicke, wie vor 45 Jahren alles begann.

Guten Tag Herr Friedrich, guten Tag Herr Gallenberger. FRILO feiert sein 45-jähriges Firmenjubiläum. Was bedeutet dieser Meilenstein für Sie beide?

Friedrich: Ich blicke gerne darauf zurück. Es ist schön, dass sich FRILO so lange gehalten hat, immer noch hält und immer noch wächst. Das ist ein schönes Gefühl.

Gallenberger: 45 Jahre sind in der Tat ein Meilenstein. Es gibt unzählige Firmen in der Softwarebranche, die nicht so lange am Markt bestehen konnten. Insofern ist es etwas Besonderes, auf 45 erfolgreiche Jahre zurückzuschauen. Ich bin stolz darauf, Teil dieses Erfolgs und dieses Teams zu sein.   

Herr Friedrich, gemeinsam mit Mitgründer Norbert Lochner haben Sie Ende der 70er Jahre die Gunst der Stunde genutzt und die ersten Programme für statische Berechnungen entwickelt. Können Sie sich noch daran erinnern, wie alles begann?

Friedrich: Ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Alles begann genau genommen schon 1972 mit den Olympischen Spielen in München. Die Universität Stuttgart (Anm. d. Red.: damals noch Technische Hochschule Stuttgart) war sehr intensiv in die Bauvorhaben involviert. Für Bauingenieure war es eine hochspannende Zeit, weil zahlreiche neue Ideen ausprobiert und entwickelt wurden. So wurde die Zeltdach-Konstruktion des Olympiastadions von den führenden Professoren der Universität rund um den Architekten Frei Otto entwickelt. Zur gleichen Zeit lehrte John Argyris als Professor für Statik an der Universität Stuttgart. Ein genialer Kopf, der als Mitbegründer der Finite-Elemente-Methode gilt und so den Weg für innovative statische Berechnungen ebnete. Als Koryphäe auf seinem Gebiet, der auch in New York und London lehrte, zog Argyris viele interessierte Studenten nach Stuttgart. Das war eine aufregende Zeit.

Wie fanden Norbert Lochner und Sie in dieser Zeit zueinander?

Friedrich: Wir waren damals beide auf Arbeitssuche und wurden bei Meissner + Wurst, in den 70er Jahren ein Anbieter für lufttechnische Anlagen, fündig. Das Stuttgarter Unternehmen brauchte jemanden für die Berechnung statischer Nachweise von Komponenten in Kernkraftwerken. So lernten wir uns kennen.

Was motivierte zwei junge Ingenieure zu der Zeit, statische Rechenprogramme zu entwickeln?

Friedrich: Als Ingenieure hatten wir in unserer Anstellung bei Meissner + Wurst immer wieder aufwendige Prüfarbeiten zu erledigen. Da es damals noch keine statischen Rechenprogramme gab, suchten wir nach einer Möglichkeit, den immer gleichen Rechenvorgang zu automatisieren. Also haben wir mit dem Kehlbalkendach D5 unser erstes Rechenprogramm selbst entwickelt. Wir haben uns viele Nächte im hauseigenen Keller um die Ohren geschlagen. Als das Programm 1978 fertig war, stiegen wir in den Nachtzug nach Hamburg, um es dann am 27. Oktober 1978 in der Bürogemeinschaft BDB interessierten Ingenieuren vorzustellen.

Wie fühlten Sie sich, nachdem Sie erstmals Ihr Programm einem breiten Publikum vorgestellt hatten?

Friedrich: Wir haben uns „supergeil“ gefühlt. Und Hamburg war erst der Anfang. Wir fuhren durch ganz Deutschland und besuchten verschiedene Messen. Eins kam zum anderen und es zeigte sich, dass wir mit unserer Marktneuheit eine Nachfrage geweckt hatten.

Gallenberger: Es gehört viel Mut dazu, den ersten Schritt in eine Richtung zu gehen und an sich zu glauben.

Herr Friedrich, Sie waren 23 Jahre Geschäftsführer von FRILO. In dieser Zeit haben Sie FRILO von einer Zwei-Mann-Werkstatt zu einem erfolgreichen, mittelständischen Unternehmen entwickelt. Wie ist Ihnen das gelungen?

Friedrich: Mit sehr viel Arbeit. Es gab für mich nur noch Friedrich + Lochner. Personell sind wir kontinuierlich gewachsen. Von der Universität Stuttgart und später von der TU Dresden kamen immer mehr Kollegen dazu, die uns dabei geholfen haben, die Probleme unserer Kunden zu lösen.

Gallenberger: Das ist es glaube ich, was den Unterschied ausmacht. Wenn das Start-Up zur Passion wird und das gesamte Herzblut einfließt, dann wird etwas Großes daraus. Außerdem haben Sie Pionierarbeit geleistet. Da wollten sicher viele ein Teil davon sein.

Zum Wachstum von FRILO gehört auch die Eröffnung des zweiten Büros in Dresden. Wie kam es dazu?

Friedrich: Den Grundstein dafür legten die Auflockerungserscheinungen im damaligen Osten Deutschlands. Die Studiereden der Universität Dresden hatten einen naturgemäßen Drang zur CeBIT. Einige spätere Kollegen kamen dort zu uns an den Stand und anschließend zu Vorstellungsgesprächen nach Stuttgart. Ein Kollege sagte einmal: Morgens bin ich in Leipzig in den Zug gestiegen und abends habe ich meinen Arbeitsvertrag in Stuttgart unterschrieben. Nach ein paar Jahren kam fast die ganze Mannschaft vom Institut für Baustoffkunde der TU Dresden zu uns. Da wurde uns klar, dass wir ein Domizil vor Ort brauchten, damit die Kollegen ihren Wohnort nicht wechseln mussten.

Einige Kollegen, die damals bei Ihnen angefangen haben, sind noch heute Teil vom FRILO Team. Wie ist das für Sie?

Friedrich: Das erfüllt mich mit Stolz und ist ein Grund für unseren Erfolg. Wir haben die Leistung unserer Mitarbeiter immer wertgeschätzt. Das Geschäftsergebnis war und ist das Ergebnis unserer Mitarbeiterschaft.

Wertschätzung war Ihnen also immer wichtig! Auf welche Prinzipien haben Sie bei der Unternehmensführung und bei Ihrem alltäglichen Geschäft noch besonderen Wert gelegt?

Friedrich: Wir haben sehr früh eine morgendliche Kaffeepause eingeführt. Dort kamen alle Kollegen zusammen und tauschten sich aus. Dies gab dem Team die Möglichkeit, in einer lockeren Atmosphäre über unsere Programme zu sprechen. Im Team war eine menschliche Wärme zu spüren und die hat sich auch in der Entwicklung der Programme geäußert.

Gallenberger: Diese Tradition ist noch heute ein fester Bestandteil in unserem Dresdner Büro. Um zehn Uhr morgens treffen sich die Kollegen dort nach wie vor zu einem gemeinsamen Frühstück und Kaffee. In den Gesprächen geht es nicht immer nur um die Arbeit. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass Innovation nur dann entstehen kann, wenn Menschen zusammenkommen und sich austauschen. Aufgrund der gewachsenen Teamgröße und den verschiedenen Bürostandorten von FRILO finden diese Kaffeetreffen nun in Form von Firmenausflügen oder All-Hands-Meetings statt.  

Herr Gallenberger, Sie haben 2018 die Stelle des Geschäftsführers von Hans Stegmüller übernommen. Was schätzen Sie an dem Erbe, das Ihnen Ihre beiden Vorgänger hinterlassen haben?

Gallenberger: Ich schätze insbesondere das solide Fundament, das meine Vorgänger gelegt haben. Das Team, das ich übernommen habe, war sehr erfahren und zugleich offen für Ideen zur Neuausrichtung in einigen Geschäftsbereichen.

Wie Sie bereits erwähnt haben, stand FRILO bereits vor Ihrer Übernahme auf gesunden Beinen. In den fünf Jahren Ihrer Amtszeit ist FRILO aber noch einmal kräftig gewachsen. Worauf führen Sie den Erfolg der letzten Jahre zurück?

Gallenberger: In erster Linie auf das bereits erwähnte solide Fundament an erfahrenen Kollegen. Wir konnten in den letzten Jahren auch viele junge Talente für FRILO gewinnen, die frischen Wind ins Unternehmen gebracht haben. Die Mischung aus Erfahrung und Innovationsgeist macht’s. Die Teamgröße wurde in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, um mit größerem Humankapital solide und stabil mit unseren Kunden zu wachsen. Trotz des Wachstums ist uns das familiäre Miteinander nach wie vor wichtig. Wir gehen als Team gemeinsam in dieselbe Richtung und achten darauf, die Geschwindigkeit der Schritte anzupassen. Denn: Bevor ich krabbeln kann, kann ich nicht gehen. Und bevor ich nicht gehen kann, kann ich nicht laufen.  

Herr Friedrich, Sie haben sich vor vielen Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Wie bewerten Sie die Entwicklung des Unternehmens, das Sie einst gegründet haben, aus der Distanz?

Friedrich: Großartig! Dazu kann ich nur gratulieren. Bei all dem Erfolg finde ich es toll, dass es noch immer die Hotline gibt. Die haben wir damals aufgebaut, weil wir der Meinung waren, dass unseren Kunden der technische Support als kostenfreie Leistung zusteht.

Gallenberger: Diesen hochwertigen Service schätzen unsere Kunden. Wir unterstützen nicht nur bei Programmfehlern, sondern auch bei Berechnungen. Wir sind ein verlässlicher Partner, der da ist, wenn unsere Kunden ihn brauchen.

Gibt es ein Ereignis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Friedrich: Auf einer Baumesse kam vor vielen Jahrzehnten ein Wettbewerber zu mir, der viel etablierter war als FRILO, und sagte zu mir: Herr Friedrich, Sie haben es geschafft. Dieses Lob werde ich nie vergessen.

Herr Gallenberger, lassen Sie uns auch nach vorne schauen: Wie sehen Sie FRILO für die Zukunft gerüstet?

Gallenberger: Durch den Zusammenschluss zur Nemetschek Engineering mit SCIA und DC-Software sind wir solide aufgestellt und gehen den richtigen Weg. Unsere Kunden bestätigen uns in dieser Überzeugung. Wir bieten verschiedene Lösungen an, haben ein breites Portfolio und können so auf die Herausforderungen der Ingenieurbüros reagieren und sie mit dem passenden Werkzeug unterstützen. Der Erfolg unserer Kunden ist unser Antrieb.

Wenn jeder von Ihnen einen Wunsch für FRILO frei hätte: Welcher wäre das?

Friedrich: Manchmal wünsche ich mir, dass der eingeschlagene Weg etwas langsamer weitergegangen wird. Eine größere Geschwindigkeit braucht es meiner Meinung nach nicht.

Gallenberger: Ich wünsche mir, dass es so weiter geht. In manchen Bereichen vielleicht ein bisschen schneller, denn ob es wirklich langsamer sein kann, weiß ich nicht. Die Geschwindigkeit, in der sich die digitalisierte und globalisierte Welt verändert, hat zugenommen. Wir müssen mit der Zeit gehen, sonst werden wir abgehängt. Wir möchten mit passgenauen Softwarelösungen für Ingenieure der Marktführer in Europa werden.