Nachhaltigere Betonbauweise mit
hochfestem Stahl

Die Programmoberfläche der FRILO-Lösung Stahlbetonstütze B5+ | FRILO
Die Programmoberfläche der FRILO-Lösung Stahlbetonstütze B5+

Seit 1999 produziert das Stahlwerk Annahütte einen hochfesten Gewindestahl der Güte SAS 670/800, der immer häufiger in Hochhausprojekten bei hochbelasteten Betonstützen eingesetzt wird. Weil die Stahlsorte bei gleichem Stützenquerschnitt eine erhebliche Steigerung der Traglast ermöglicht, trägt ihre Verwendung maßgeblich zu einer nachhaltigeren Betonbauweise bei. Um die hochfeste Bewehrung praxistauglich zu machen, bietet FRILO mit dem B5-SAS das passende Berechnungsprogramm an.

Verglichen mit normalem Betonstahl B500 ermöglicht hochfester Stahl bei gleichem Stützenquerschnitt erheblich höhere Traglasten. Daraus folgt, dass bei gleicher Traglast deutlich weniger Stahl benötigt wird. Mit hochfestem Stahl als Baustoff lassen sich also bei Stützen Querschnitte realisieren, bei denen der normale Betonstahl in Bezug auf die Einbaubarkeit an seine Grenzen stößt. Weil sich Stützen auch mit kleineren Querschnitten ausführen lassen, kann die Nutzfläche des Gebäudes vergrößert werden. Mit hochfestem Stahl bewehrte Hochhausstützen erweisen sich damit in vielen Fällen als eine preiswertere Alternative zu Verbundstützen.

Der Einsatz der hochfesten Bewehrung trägt außerdem zu einer nachhaltigeren Betonbauweise bei, da insgesamt weniger Stahl benötigt wird. Das ist nicht nur vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen bedeutend. Eine Reduzierung der Betonstahlmenge bzw. des Betonvolumens führt auch zu einer signifikanten Einsparung von CO2-Emissionen. Die Vorteile von hochfestem Stahl liegen also auf der Hand. Doch wie lässt sich die hochfeste Bewehrung für Stützen in einem Nachweisverfahren zuverlässig ermitteln?

Die Stützen des Omniturm in Frankfurt sind mit hochfestem Stahl bewehrt. (©Annahütte) | FRILO
Die Stützen des Omniturm in Frankfurt sind mit
hochfestem Stahl bewehrt. (©Annahütte)

Die Tragfähigkeitsermittlung von Stützen mit hochfester Bewehrung

Durch die in der DIN EN 1992-1-1 definierten Bruchstauchungen des Betons für zentrischen Druck ist eine optimale Ausnutzung der Stahlfestigkeit nicht möglich. Vor etwa 14 Jahren wurden deshalb ein Verfahren [1] und ein darauf basierendes MS Excel-Bemessungstool [2] unter Verwendung des Nennsteifigkeitsverfahren entwickelt, welches eine rechnerische Ausnutzung der hohen Stahlfestigkeiten durch den Nachweis von Umlagerungsdehnungen infolge Kriechen und Schwinden ermöglicht. Die verwendeten Annahmen und Bemessungsansätze wurden in entsprechenden Gutachten überprüft [3]. In Deutschland erfolgte die Anwendung zunächst über eine bauaufsichtliche Zustimmung im Einzelfall. Das Erscheinen der europäischen Zulassung ETA-13/0840, die in einer überarbeiteten Fassung auch als “European Technical Assessment” vorliegt [4], und die Erteilung einer Bauartgenehmigung durch das Deutsche Institut für Bautechnik [5] ermöglichen eine Anwendung des hochfesten Stahles SAS 670/800 in Deutschland ohne bauaufsichtliche Zustimmung im Einzelfall.

Zusammenarbeit von FRILO und Annahütte

Die mit dem Bemessungstool verbundenen Einschränkungen bei System und Belastung, die Verwendung des in Deutschland nicht zugelassenen Nennsteifigkeitsverfahrens sowie eine fehlende Heißbemessung nahmen das Stahlwerk Annahütte, die FRILO Software GmbH und das Ingenieurbüro Prof. Graubner zum Anlass, um in enger Zusammenarbeit ein Zusatzmodul für das FRILO-Programm Stahlbetonstütze B5+ zu entwickeln, das die hochfeste Bewehrung berücksichtigt. Das Zusatzmodul B5-SAS ist seit November 2021 auf dem Markt und ermöglicht für eingeschossige, mit hochfestem Stahl SAS 670/800 bewehrte Stahlbetonstützen, die Tragfähigkeit nach dem allgemeinen (nichtlinearen) Verfahren zu ermitteln. Entsprechend ETA 13/0840 wird eine maximale Ausnutzung der Stahlfestigkeit durch die Berücksichtigung von Kriech- und Schwindumlagerungen realisiert. Dieser hochfeste Gewindestahl der Güte SAS 670/800 wurde ursprünglich für die Geotechnik entwickelt, kommt aber inzwischen auch bei einer Reihe von Hochhausprojekten in Deutschland, Polen und den USA erfolgreich zum Einsatz [6]. Die stark auf der sicheren Seite liegenden Grundannahmen für das vereinfachte Verfahren des zuvor  verwendeten Excel-Bemessungstools können nun im allgemeinen Verfahren sehr viel genauer und damit wirtschaftlicher berücksichtigt werden.

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Herausforderungen bei der Implementierung der Nachweise

Bedingt durch die Berücksichtigung der zeitlich veränderlichen Umlagerungsdehnungen infolge Kriechen und Schwinden ergab sich die Notwendigkeit, die Lastgeschichte bis zum Beginn der Nutzung über eine definierte Anzahl von Laststufen zu betrachten und erfassen. Außerdem galt es, die stark streuenden Werte für Kriechen und Schwinden sowie die zeitlichen Unsicherheiten des Bauablaufes zu beachten. Hinzu kam die Ungewissheit hinsichtlich der wahren Größe des E-Moduls für Beton und dessen ambivalenter Einfluss auf das Bemessungsergebnis bei mehr oder weniger verformungssensitiven Stützen. Durch die gleichzeitige Zunahme von Tragfähigkeit und Beanspruchung war die Betrachtung zusätzlicher Bemessungszeitpunkte erforderlich. Im Gegensatz zu Stützen mit normalfester Bewehrung war neben dem Zeitpunkt t -> ∞ insbesondere auch der Beginn der Nutzung zu untersuchen, welcher in der Regel maßgebend wird. Durch den zusätzlichen Bemessungszeitpunkt und die Berechnung je Zeitpunkt mit positiver und negativer Streuung steigt der Berechnungsaufwand signifikant, was sich auch in der Rechenzeit niederschlägt. Dank eines teilweise parallel programmierten Ablaufes der Berechnung konnte die Zunahme der Berechnungsdauer allerdings in Grenzen gehalten werden.

Aufgrund der sehr großen Bewehrungsdurchmesser bis 75 mm und Bewehrungsgrade bis 20% sowie infolge der für Hochhäuser sehr großen Brandwiderstandsdauern waren zusätzliche Überlegungen bei der thermischen Analyse im Rahmen der Heißbemessung erforderlich [7]. Für die Heißbemessung besteht darum die Möglichkeit, die höhere thermische Leitfähigkeit des Stahles bei der thermischen Analyse zu berücksichtigen.

Literatur

[1] Falkner, Gerritsen, Jungwirth, Sparowitz: “Das neue Bewehrungssystem; Druckglieder mit hochfesten Betonstahl SAS 670/800“; Beton und Stahlbetonbau 56/2008, S. 304 ff.
[2] Falkner, Gerritzen, Krokowski: “Gutachterliche Stellungnahme zu dem Bemessungsprogramm, den Nomogrammen und den Tabellen zur Bemessung von Stützen mit hochfester Bewehrung (SAS 670)”, Falkner und Partner 2010
[3] Graubner: “Gutachterliche Stellungnahme zur Beurteilung der grundlegenden Bemessungsansätze für Stahlbetonstützen mit hochfester Bewehrung”, 2010
[4] European Technical Assessment ETA-13/0840 vom 20.12.2021 mit EAD 160011-00-0031
[5] Z-1.1-285:15.05.2019- 5.05.2024: Allgemeine Bauartgenehmigung “Stahlbetonbauteile unter Verwendung des hochfesten Bewehrungssystemes SAS 670/800”; DIBT 2019
[6] SAS 670 / 800 Grundlagen der hochfesten Bewehrungstechnik: SAH 09/2019
[7] VfdB Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes, 4. Auflage 2020